Sauberkeitsentwicklung: Der Prozess zur Windelfreiheit
Wann geht es mit der Sauberkeitsentwicklung los?
Es gibt keinen festen Zeitpunkt. Die bewusste Wahrnehmung und Kontrolle des Darmtrakts entwickelt sich etwas früher als die Kontrolle der Blase. Denn die Ausdifferenzierung der Nervenbahnen ist für deren Kontrolle verantwortlich und das geschieht etwa im 3. Lebensjahr. Die Harnproduktion verändert sich bei kleinen Kindern rasant: In den ersten drei Monaten leert sich die Blase etwa 30 Mal in 24 Stunden. Dann reduziert sich die Produktion deutlich. Aber manche Kinder haben einfach großen Durst und brauchen darum auch mit zwei Jahren noch einen häufigen Windelwechsel. Trinkverbot am Abend ist deshalb keine gute Idee. „Wenn das Kind Durst hat, dann soll es auch trinken dürfen“, rät Lilo Baumann, Expertin für Frühpädagogik. „Ein durstiges Kind kann nicht entspannen und schlecht einschlafen.“
Sauberkeitsentwicklung als Folgerung der körperlichen Entwicklung
Durchschnittlich ist das Kind etwa zwei bis drei Jahre alt, wenn es tagsüber sauber wird. Nachts brauchen die meisten Kinder noch sehr viel länger eine Windel. Vor allem die Blase reift bei manchen Kindern spät. Diese Entwicklung ist sehr individuell und von außen weder von Erziehern noch von Eltern beeinflussbar, es sei denn, das Kind wird zu etwas gezwungen. Manchmal kommt es auch zu Verzögerungen oder Rückfällen durch Veränderungen in den Lebensumständen des Kindes, wie zum Beispiel ein neues Geschwisterchen oder ein Umzug.
Hygieneprodukte als Verursacher langsamer Entwicklung
Grundsätzlich kann man sagen, dass die Kinder heute etwas später windelfrei sind als früher – eine Tatsache, die dem Fortschritt geschuldet ist. Bei den guten und saugstarken Windeln heutzutage spüren die Kinder den Unterschied zwischen Nässe und Trockenheit kaum noch. Daher realisieren sie die Konsequenz der Vorgänge in ihrem Körper nicht. Deswegen werden Kinder heute etwas später windelfrei als früher.
Sauberkeitsentwicklung vs. Sauberkeitserziehung
Experten der kindlichen Frühentwicklung sprechen bewusst von einer Entwicklung und nicht von Erziehung – weil diese nicht anerzogen werden kann. In der Kinderkrippe sehen die Kinder, dass die älteren die Toilette benutzen. Die Erzieher unterstützen die natürliche Neugier der Krippenkinder und erklären, was dort passiert. Sie gehen gemeinsam in den Toilettenraum, sehen sich alles an und die Kinder setzen sich auch mal einfach so auf die Toilettenbrille. Lilo Baumann sagt: „Ich rate in jedem Fall zu einer extra Kindertoilettenbrille anstelle eines Töpfchens. Da Kinder durch Nachahmung lernen.“
Wie können Eltern die Sauberkeitsentwicklung unterstützen?
Auch zuhause sollten Eltern dem Kind offen sagen, was zu tun ist. So verliert das Kind die Scheu vor dem Unbekannten und will wie die Großen die Toilette nutzen. Und nach einer gewissen Zeit, klappt das auch zum richtigen Zeitpunkt.
Die Umstellung ist am einfachsten in der warmen Zeit. Zur Unterstützung der Wahrnehmung der Blasentätigkeit rät Lilo Baumann daher: „Nutzen Sie einfach das warme Wetter und lassen Sie Ihr Kind nur mit einem Höschen oder ganz nackig auf der Wiese herumlaufen. Wird die Blase aktiv und der Urin läuft die Beinchen entlang, blicken die Kinder an sich herunter, spüren und sehen was da passiert und melden: ‚Nass!‘“. Dieses ‚Aha-Erlebnis‘ verknüpfen die Kinder mit ihrer gemachten Erfahrung und lernen, im Laufe der Zeit den Harnfluss zu steuern.
Marie ist mittlerweile windelfrei und trägt diese, wenn sie den Jüngeren in der Kita stolz eine Windel zum Wickeln bringt.