Nachhaltigkeit: Öko-Kids-Preis geht an Kita der Wichtel Akademie
Am Anfang stand die Idee, Nachhaltigkeit mit der Pädagogik zu verbinden..
Durch die Corona Pandemie haben auch wir in der Wichtel Akademie Schwabing Biederstein Notgruppen bilden müssen. Spielplätze waren zu dieser Zeit noch gesperrt, und wir wollten den Kindern einen abwechslungsreichen Alltag mit Naturerfahrungen und frischer Luft bieten. Daher haben wir vermehrt Zeit in unserem alten Gemüsegarten verbracht. Den Kindern fielen die alten Beete und das kleine Gewächshaus mit verschiedenen Werkzeugen auf. Schnell war das Interesse geweckt, und die ersten Karottensamen ausgesät. Als nach und nach alle Kinder in ihre Gruppen zurückkonnten, wollten sie sich weiterhin um den Garten kümmern und schnell sprang der Funke auf alle Kindergartenkinder über.
In einer Kinderkonferenz wurden Ideen gesammelt und ein Plan aufgestellt, was wir für unseren Garten brauchen. Auch unter den Mitarbeiter:innen war die Motivation groß und es formte sich ein Gartenteam, bestehend aus mindestens einer Fachkraft jeder Gruppe.
Das Projekt: Unser Gemüsegarten als Beispiel für Nachhaltigkeit und eine exzellente Pädagogik
Zum Start haben wir innerhalb der Gruppen die Beobachtungen der Kinder in Bezug auf den Gemüsegarten und dessen Verfassung im Morgenkreis reflektiert. Gemeinsam wurden Ideen gesammelt, Pläne geschmiedet und Vorstellungen über einen schönen Gemüsegarten geteilt. Hier wirkte das pädagogische Gartenteam als Verbindungsglied und fügte die Ideen zusammen. Nachdem die Pädagog:innen die Aufgaben verteilt hatten, starteten die Gruppen mit der Umsetzung ihrer Ideen. Die Kinder bauten die morschen Beete mit viel Körpereinsatz ab, bereiteten das Gewächshaus vor, tauschten die Erde aus, glichen den Boden an und säten anschließend Gras. Die neuen Beete wurden mit den Kindern zusammengebaut und im Garten platziert. Hierbei war Teamgeist, gute Planung und Durchhaltevermögen gefragt. Jetzt war der Garten bereit, und die Kinder voller Tatendrang.
Nachhaltig lernen und qualitativ hochwertige Pädagogik: Kinderkonferenzen begeistern für Gemüseanbau
Es fanden Kinderkonferenzen statt, in denen demokratisch gewählt wurde, was in den Beeten angebaut werden soll. Im Zuge dessen zeigte sich, dass einerseits das Interesse groß war, aber andererseits Unsicherheiten in Bezug auf das Wissen um Gemüse bestanden. Hieraus resultierten Wissenskreise über das Thema Gemüse, indem sich die Kinder austauschten, Fragen beantwortet wurden, Unsicherheiten geklärt und von dem gegenseitigen Wissen und Erfahrungen profitiert wurde. Es wurden Themen wie „Unterschied zwischen Obst und Gemüse“, „Was wächst wo?“ und „Was benötigt eine Pflanze zum Wachsen?“ behandelt. Hierbei achteten die Pädagog:innen darauf, das Wissen spielerisch zu vermitteln. Zum Beispiel durch Bilderbuchbetrachtungen („Der kleine Spross“), Zuordnungsspiele und Ausflüge in den Englischen Garten.
Kinder entdecken die Kunst des Pflanzenziehens: Praktisches Lernen mit nachhaltigen Ergebnissen
Nach der Theorie folgte die Praxis: Wir zogen die ersten Pflanzen in Eierkartons vor, die aber über das Wochenende austrockneten. Im Morgenkreis wurde reflektiert, was Pflanzen zum Wachsen benötigen und was das Problem gewesen sein könnte. Wir starteten einen neuen Versuch und suchten nach einer Lösung für unser Bewässerungsproblem. Nachdem die neu ausgesäten Pflanzen in weniger saugfähigen, recycelten Milchkartons auch das Wochenende überlebten, war die Freude der Kinder groß!
Spannendes Bohnenrennen und kreative Gartengestaltung: Nachhaltige Bildung im Kindergarten
Eine Gruppe beschloss Bohnen zu säen. Sie beobachte den Wachstumsprozess von unterschiedlichen Bohnenarten und machte ein „Bohnenrennen“ daraus. Passend dazu entdeckten die Kinder im „Handbuch für kleine Gärtner“ das Bild von einem Bohnenzelt. Nach dem ersten Modellversuch mit Stöcken und Knete folgte das große Bohnenzelt, bei dem die Kinder fleißig halfen. Die Kinder lebten sich kreativ im Garten aus, legten Mosaikfliesen und schliffen und bemalten Holzschilder. Durch die Beobachtung von Schnecken in unserem Gemüsegarten entstand ein Schneckenprojekt. Für eine begrenzte Zeit zogen Schnecken in eine Kindergarten-Gruppe ein, und wurden von den Kindern intensiv betrachtet. Die Kinder erfuhren, was sie gerne fressen, beobachteten den Fortpflanzungsprozess und vor dem Aussetzten das Schlüpfen von Babyschnecken.
Durch das tägliche Beobachten der vielfältigen Naturprozesse in dem Gemüsegarten der Kita kommen bei den Kindern bis heute tägliche neue Ideen und Fragen auf.
Themenbereiche zur Nachhaltigkeit des Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplans pädagogisch aufgegriffen
Werteorientiert und verantwortungsvoll handelnde Kinder
Während des Projektes festigten die Kinder ihren Umgang mit Rückschlägen; so gingen beispielsweise Pflanzen ein. Sie fanden eigene Lösungen und sammelten so positive Erfahrungen mit Herausforderungen. Die Kinder erfuhren sich bei Kinderkonferenzen über den die Abstimmung der gewählten Obst- und Gemüsesorten als selbstwirksam und stärkten ihr Selbstwertgefühl. Es wurden Respekt, Toleranz und Wertschätzung gegenüber der Umwelt, Lebensmitteln und den anderen Beteiligten vermittelt. Die Kinder erfuhren Gemeinschaft, Ruhe und erweiterten ihren Horizont.
Sprach- und medienkompetente Kinder
Durch die Kinderkonferenzen und die Gespräche im Morgenkreis stärkten die Kinder ihre Dialogfähigkeit, hörten aktiv zu, teilten Beobachtungen und entwickelten Sprechfreude. Der Umgang mit unterschiedlichen Medien (Bilder- und Sachbücher, kurze Videos, Internet) vermittelte eine bewusste und zielgerichtete Nutzung, der Wortschatz im Deutschen und Englischen wurde ebenfalls erweitert. Durch das Beschriften konnten die Kinder Erfahrungen mit Buchstaben sammeln.
Fragende und forschende Kinder
Im Garten nahmen die Kinder ihre Umwelt mit allen Sinnen wahr, lernten die Lebenswelt von Pflanzen und Tieren kennen und beobachteten einzelne Naturvorgänge, wie den Wechsel der Jahreszeiten. Hieraus resultierte Achtsamkeit gegenüber Pflanzen und Tieren. Durch das tägliche Gießen und Pflegen entstand ein Verantwortungsgefühl, der Wunsch für die Pflanzen und Tiere zu sorgen und ihnen empathisch gegenüber zu sein. Im Laufe des Projektes lernten die Kinderökologische Zusammenhänge und gesunde Lebensweisen kennen.
Künstlerisch aktive Kinder
Die Kinder konnten im Projekt mit vielfältigen (Natur-)Materialien und Werkzeugen schöpferisch, fantasievoll und kreativ tätig werden. Beim Bemalen von Schildern oder Legen von Mosaikfließen konnten sie ihre eigene Gestaltungs- und Ausdrucksweise entdecken und die Umgestaltung des Gartens als Gemeinschaftsprozess erleben. Beim gemeinsamen Singen der „Gartenlieder“ wurde Kontakt- und Teamfähigkeit gestärkt und Freude und Entspannung entwickelt.
Starke Kinder (Bewegung und Gesundheit)
Beim Umgestalten konnten die Kinder ihren Bewegungsdrang ausleben und motorische und koordinative Fähigkeiten erproben und verfeinern. Es wurden Bewegungsabläufe (schaufeln, säen, gießen) verinnerlicht und Herausforderungen, wie das Setzen der Beete, zusammen bewältigt, was den Teamgeist stärkte. Die Kinder erlangten Wissen über den sachgerechten Gebrauch von Werkzeugen und erkannten Gefahrenquellen. Sie durften selbstbestimmt arbeiten und konnten doch Hilfe annehmen. Wir lernten den Garten als Entspannungs- und Rückzugsort schätzen und entwickelten so ein Gespür für unser Bedürfnis.
Motivationale Kompetenz und Moral der Kinder
Besonders im Fokus stand die motivationale Kompetenz mit der Vermittlung des Gefühls von Selbstwirksamkeit, indem die Kinder die Planung und Verlauf des gesamten Projekts maßgeblich mitgestalteten. Entscheidungen in der Gruppe förderten die soziale Kompetenz und die Kooperationsfähigkeit. Im Laufe des Projekts mussten moralische Urteile gefällt und ethische Fragen geklärt. So haben wir beobachtet, dass einige Pflanzen von Schnecken befallen waren. So mussten wir gemeinsam abwägen, was für uns einen größeren Wert hat, das Leben der Schnecken oder die Gesundheit unserer Pflanzen. Wir haben uns dafür entschieden, schneckenfreundliche Alternativen zu verwenden und die Schnecken regelmäßig einzusammeln und an anderer Stelle auszusetzen.
Einfluss der Kinder auf Projektentwicklung und Projektverlauf
Die Kinder haben unser Projekt durch ihre Beobachtungen, das starke Interesse und ihre Begeisterung initiiert. Durch regelmäßen Kinderkonferenzen, Morgenkreise und demokratische Abstimmungen konnten die Kinder die Planung aktiv mitgestalten. Regelmäßig wurde über den Fortschritt und Vorgehensweisen reflektiert und der weitere Verlauf auf Grundlage dessen geplant. Die Interessen der Kinder wurden von den Pädagog:innen wahrgenommen und aufgegriffen. So entstanden auch kleinere, an die Interessen angepasste, Projekte in den einzelnen Kita-Gruppen.
Einbindung der Eltern
Die Eltern wurden regelmäßig über unterschiedliche Kanäle (sprechende Wände, Eltern-App, Übergabegespräche) über den aktuellen Stand des Projekts informiert. Viele Eltern haben aktiv mitgewirkt, indem sie selbst zuhause Pflanzen großgezogen und diese dann zusammen mit ihren Kindern in den Kindergarten gebracht haben. Es entstand ein gemeinschaftliches Verantwortungsgefühl für den Gemüsegarten. So ist es für einige Familien eine tägliche Routine geworden, den Gemüsegarten nach dem Abholen gemeinsam zu besuchen.
Bezüge zur nachhaltigen Entwicklung
Während des Projekts konnten die Kinder ihre Umwelt erforschen und mit allen Sinnen begreifen. Sie entwickelten ein grundlegendes Verständnis von Natur und Umwelt. Durch die regelmäßigen Naturbeobachtungen im eigenen Gemüsegarten wurde die biologische Vielfalt für die Kinder sichtbar und erfahrbar, z.B. durch die Vielzahl an Käfern und Schnecken. Über die große Begeisterung für unseren Gemüsegarten und dessen Biodiversität entstand eine große Wertschätzung und Ehrfurcht für die Natur und unserer Umwelt. Die Kinder erleben unsere Natur als schützenswert, entwickelten ein Verantwortungsgefühl und sind sich ihrem Einfluss auf die Natur bewusster. Ganz nebenbei haben sie Wissen über gesunde Ernährung sowie regionales Obst und Gemüse erhalten.