Klischeefreie Berufswahl – männliche Argumente für den Erzieher-Beruf
Hallo ihr Lieben! Schön, dass ihr uns einen Einblick in dieses interessante Thema rund um Klischees und die Männerquote in den Kitas ermöglicht. Möchtet ihr euch erst einmal kurz vorstellen und uns euren Werdegang beschreiben?
Lukas: Mit meiner Ausbildung habe ich 2013 in Stuttgart begonnen. 2018, also ein Jahr nach meiner Anerkennung, bin ich als Gruppenleitung zur Wichtel Akademie Fürstenried gekommen. Mittlerweile gebe ich Fortbildungen zu einem pädagogischen Standard und bin Praxisanleitung für Erzieher:innen im Anerkennungsjahr. Ich bin Brand- und Sicherheitsbeauftragter in der Kita und besuche seit diesem Jahr das interne Weiterbildungsprogramm „Young Star Development“. Hier kann ich meine Fähigkeiten und mein Wissen erweitern und lerne, wie ich meine persönlichen Ressourcen optimal nutzen kann.
Nick: Bereits mein Anerkennungsjahr habe ich bei den Wichteln absolviert. Seither arbeite ich als Erzieher bei den Turtles im Kindergarten der Wichtel Akademie Parkstadt Schwabing. Letzten September habe ich die Fortbildung zum Praxisanleiter absolviert und begleite seither Praktikant:innen durch die praktische Ausbildung. Seit Ende 2021 bin ich außerdem Social Media-Botschafter für unseren Standort.
Julian: Im Jahr 2017 fand mein Anerkennungsjahr bei der Wichtel Akademie Sendling-Westpark statt. Dort war ich dann bis April 2021 Werkstudent und habe Soziale Arbeit studiert. Im Mai 2021 wurde ich stellvertretende Leitung am Standort Hadern-Süd. Und seit Februar 2022 bin ich nun Leitung am Standort Hadern.
Wow, eure Karrieren sind super individuell! Leider sind Männer im Erzieherberuf ja trotz vielfältiger Karrieremöglichkeiten immer noch in der Minderheit, die Männerquote in den Kitas ist wie in den meisten sozialen Bereichen gering. Was hat euch denn überzeugt diesen Weg zu gehen?
Lukas: Kinder entwickeln sich täglich weiter und machen Fortschritte. Sie sind die Zukunft unserer Gesellschaft und das Wertvollste, das wir haben. Deshalb ist mir meine Aufgabe so wichtig, und nehme bei den Familien in der Einrichtung einen großen Platz in ihrem Leben ein. Ich freue mich, an der Entwicklung der Kinder teilzuhaben, möchte für unsere kleinen Wichtel in der Kita ein Wegbegleiter sein und ihnen ermöglichen, sich frei zu entfalten. Das macht mich stolz und ich weiß jeden Tag, dass ich etwas Gutes getan habe.
Nick: Männer werden in den Kitas dringend benötigt. Anders, als es beispielsweise in einem technischen Beruf wäre, fühle ich mich in der Kita wirklich persönlich gebraucht. Man macht zusätzlich etwas mit Potenzial und ist Impulsgeber. Das ist wirklich toll.
Julian: Hm, bei mir war es einfach eine gewisse pädagogische Affinität und letztlich wahrscheinlich Zufall.
Und was mögt ihr besonders an eurem Beruf?
Lukas: Ich gebe den Kindern Werkzeuge an die Hand, die sie ihr ganzes Leben brauchen werden. In jedem Kind in meiner Gruppe steckt also auch ein Teil meiner Werte und meiner Persönlichkeit. Jeder Tag ist anders, deshalb wird es nie langweilig. Kinder nehmen kein Blatt vor den Mund, sondern sagen offen und ehrlich ihre Meinung. Und außerdem – in welchem Beruf kann man sonst in Pfützen springen, ohne dabei doof angeschaut zu werden.
Nick: Es kommt oft vor, dass Kinder explizit Kontakt mit männlichen Erziehern einfordern. Als Mann bin ich mir meiner Vorbildfunktion in dieser Rolle bewusst und achte genau darauf, was ich vermittle. Hin und wieder schmunzle ich auch: Eltern eines in unserer Kita untergebrachten Jungen erzählten mir, ihr Sohn wollte beim Shopping unbedingt gerne ein blaues Poloshirt, wie ich es immer trage. Das ehrt mich natürlich sehr. Diese Vorbildfunktion gehört definitiv zu den Dingen, die ich am meisten am Erzieher-Beruf mag.
Julian: Kein Tag ist wie der andere. Durch die Kinder machen auch wir in der Kita immer neue Erfahrungen. Man lernt so viel von ihnen. Und letztlich gibt es wirklich nichts Schöneres, als glückliche Kinderaugen zu sehen.
Das klingt toll! Kommen wir zu den Klischees. Mit welchen Klischees wird man als männlicher Erzieher denn so konfrontiert? Und, welche davon könnt ihr bestätigen oder entkräften?
Lukas: Oft wird behauptet, dass Erzieher verweichlicht sind oder der Beruf nicht zu Männern passt. Ich kann beide Klischees nicht bestätigen. Wir Erzieher sind Handwerker, Freunde, Musiker, Fußballprofis, Künstler… die Liste könnte man ewig weiterführen. Man könnte sie um jeden erdenklichen Beruf und jede Wunschvorstellung ergänzen. In manchen Situationen reagieren wir anders als unsere Kolleginnen: Wir lassen einen Konflikt länger laufen oder handeln bei einem gefallenen Kind anders. Manchmal müssen wir uns stereotypischen Rollen hingeben. Dann zum Beispiel, wenn etwas Schweres getragen werden muss.
Nick: Stimmt. Es stimmt aber auch, dass du an der Seite deiner Kolleginnen in jeden Club kommst ?
Julian: Ich höre öfter, Pädagoginnen würden nur basteln und Pädagogen nur Sport mit den Kindern machen. Das stimmt natürlich nicht. Bei uns macht jede:r alles! Ob Spielen, Raufen, Basteln – das läuft absolut gleichwertig.
Warum ist es für die Kinder in der Kita denn so wertvoll auch männliche Erzieher zu haben? Männerquote und Klischees hin oder her?
Lukas: Kinder lernen von klein auf das Zusammenleben – die Wertschätzung und den Respekt, den sich die Geschlechter entgegenbringen sollen. Es ist für die Entwicklung des Kindes wichtig zu sehen, dass sowohl Frauen als auch Männer vorlesen, toben und trösten. Sie lernen, dass es normal ist. Unabhängig vom Geschlecht. Wir gleichen einen möglichen familiären Mangel von männlichen Bezugspersonen im Kindergarten aus und bringen neue Spiel- und Bewegungsangebote mit in die Einrichtungen. Wir stärken das Selbstbewusstsein der Kids und können Ansprechpartner für eher „jungentypische“ Themen und Wünsche sein. Je mehr Männer in einer Einrichtung arbeiten, desto mehr sehen die Kinder, dass es kein klassisches Rollenbild gibt. Ein Mann kann anders sein, als es die Klischeebilder aus der Werbung nahelegen.
Nick: Gerade in Familien, in denen es zu Trennungen der Eltern kam oder ein Geschlecht fehlt, können wir in der Kita zusätzliche Orientierung und Stabilität bieten.
Julian: Kinder brauchen auch männliche Ansprechpartner. Bedauerlicherweise liegt Kindererziehung zuhause immer noch größtenteils bei den Müttern. Männliche Erzieher können hier einen Ausgleich bieten. Es ist gar nicht so selten, dass sich Kinder situationsabhängig einfach gerne an einen Mann wenden. Ich halte Männer für unglaublich wertvoll in der Pädagogik.
Ja, das klingt vollkommen nachvollziehbar. Mit welchen Argumenten könnten wir Männer denn motivieren, sich bei ihrer Berufswahl für die Kita-Branche zu entscheiden und die Männerquote zu pushen?
Lukas: Du hast einen Arbeitsplatz mit Zukunft. Nicht nur, weil wir schlecht durch Maschinen ersetzt werden können und eigentlich immer Erzieher gesucht sind – sondern auch privat: Mit einer abgeschlossenen Ausbildung ist eine Tätigkeit in anderen sozialen Berufen möglich. Egal ob in der Familien- oder Suchtberatung, im Jugendamt oder im Wohnheim. Als Erzieher stehen dir viele Türen offen. Wie schon erwähnt, gestaltest du aktiv die Zukunft unserer Gesellschaft mit und hast jeden Tag neue Aufgaben. Kinder sind kreativ und unberechenbar. Das schafft einen Arbeitsplatz, wie ihn viele immer wollen: abwechslungsreich und spannend. Du lernst interessante Menschen kennen, hast jeden Tag Erfolgserlebnisse und durch die unterschiedlichen Familien und Kulturen erlebst du Vielfalt und kannst deinen eigenen Horizont dadurch erweitern.
Nick: Kinder geben einem unglaublich viel. Schnuppert doch einfach mal rein! Macht ein Praktikum und lasst euch überzeugen, wie schön der Beruf des Erziehers ist.
Julian: Lass dich nicht vorschnell abschrecken! Ich hatte anfänglich beispielsweise wirklich Angst vor dem Lärmpegel und wusste nicht, ob ich damit zurechtkomme. Die Wichtel Akademie hat mir meine Sorgen genommen, indem sie mich mit einer Anleitung zum Umgang mit solchen Situationen optimal unterstützt hat. Traut euch!